Ursprünge und Geschichte des Landgerichts Paderborn

Die Justiz im Paderborner Raum und ihre Einrichtungen waren im Laufe der vergangenen Jahrhunderte immer wieder tiefgreifenden Änderungen unterworfen, die den Wandel der Zeiten – einschließlich der vielfachen Veränderung der staatlichen Geographie Deutschlands – eindrücklich widerspiegeln.

Mit dem durch Napoleon I. erzwungenen Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde das Hochstift Paderborn im Jahre 1803 dem preußischen König als Fürstentum zugeschlagen; die weltliche Herrschaft des letzten Fürstbischofs nahm damit ihr Ende. Im Rahmen einer großen Reform in Preußen im Jahr 1805 wurden die staatlichen Gerichte in Paderborn zu einem einzigen Obergericht zusammengefasst, neben dem mit dem Offizialat noch ein kirchliches Gericht für geistliche Angelegenheiten bestand; letzteres existiert bis heute.

Mit der Restauration nach dem Ende der napoleonischen Kriege wurde das Gebiet des früheren Hochstifts Teil der neuen preußischen Provinz Westfalen. Im November 1816 wurde der Sitz des Oberlandesgerichts von Minden nach Paderborn verlegt, um das katholische Hochstift stärker mit dem protestantisch geprägten preußischen Königreich zu verbinden. Der Bezirk des Oberlandesgerichts Paderborn umfasste Minden, Ravensburg, Paderborn, Corvey, Reckenberg und Rheda. Dem Oberlandesgericht unterstanden verschiedenste Untergerichte, insbesondere als erste Instanz die Land- und Stadtgerichte.

Erster - und legendärer - Präsident des Oberlandesgerichts Paderborn wurde Friedrich Karl von Schlechtendahl. Am 24.09.1767 in Xanten geboren, war er nach seinem Studium in Duisburg ab 1791 zunächst als Landrichter in Xanten tätig gewesen. Ab 1814 war er im preußischen Justizministerium in Berlin beschäftigt und von dort mit dem Aufbau des Oberlandesgerichtes Paderborn beauftragt, dessen Präsident er dann im Jahre 1816 selbst wurde. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1841 verstarb er, 1838 noch mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Paderborn versehen, am 22.02.1842 in der Stadt, in der noch heute noch vieles an ihn erinnert.

Das 1849 in „Appellationsgericht“ umbenannte Paderborner Oberlandesgericht fand im Jahre 1879 sein Ende: Im Zuge der nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 verabschiedeten Reichsjustizgesetze wurde der Bezirk des Oberlandesgerichts Paderborn mit dem Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm zusammengelegt. Der Gerichtsstandort Paderborn wurde zum Landgericht herabgestuft. Zudem wurde mit dem Landgericht Bielefeld ein weiteres Landgericht eingerichtet, so dass der Bezirk des Landgerichts Paderborn insgesamt deutlich kleiner wurde als es der Bezirk des Oberlandesgerichts Paderborn zuvor war. Ende der 70iger Jahre des 19. Jahrhunderts, als zwischen Reichskanzler Bismarck und dem organisierten deutschen Katholizismus  der sog. Kulturkampf schwelte, dürften auch konfessionspolitische Gründe diese Herabstufung Paderborns ganz maßgeblich beeinflusst haben.

Der letzte Appellationsgerichtspräsident Gustav Bernhard Viktor Meyer wurde als Präsident des hiesigen Landgerichts tätig, wechselte aber im Jahr 1879 als Kammergerichtspräsident nach Berlin.

Im Landgerichtsbezirk Paderborn wurden insgesamt 17 Amtsgerichte eingerichtet, eines davon in Paderborn, die anderen 16 an weiteren Orten im Bezirk, und zwar in Beverungen, Borgentreich, Brakel, Büren, Delbrück, Erwitte, Fürstenberg, Geseke, Höxter, Lichtenau, Lippstadt, Nieheim, Rüthen, Salzkotten, Steinheim und Warburg. Von diesen Amtsgerichten bestehen heute noch sechs, nämlich Brakel, Delbrück, Höxter, Lippstadt, Warburg und das Amtsgericht Paderborn als größtes Amtsgericht im Bezirk.

Das Landgericht Paderborn gehörte nach dem zweiten Weltkrieg zu den ersten Gerichten, die ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten. Am 24.08.1945 waren das Landgericht Paderborn sowie die Amtsgerichte Beverungen, Brakel, Büren, Delbrück, Geseke, Lippstadt, Paderborn, Rüthen, Salzkotten, Steinheim und Warburg mit zusammen 13 Richtern und 21 Beamten des gehobenen Dienstes wieder eröffnet.

Von der starken Zerstörung Paderborns durch das Bombardement am Ende des zweiten Weltkriegs blieben auch die Justizgebäude nicht verschont. Sowohl das Land- als auch das Amtsgerichtsgebäude sowie die bisherigen Gebäude der Staatsanwaltschaft und des Landgerichtsgefängnisses waren zerstört. Als Ausweichunterkunft des Land- und Amtsgerichts diente zunächst eine Schule in Schloß Neuhaus. Die Verwaltungsabteilung des Landgerichts war im Dienstwohngebäude des Landgerichtspräsidenten untergebracht (im sog. Hardehauser Hof). Sodann erfolgte ein Umzug der Geschäftsstellen des Land- und Amtsgerichts in die Moltkestraße. Auch  arbeitete das Landgericht vom Busdorfwall 11 aus, sowie von einer Kaserne an der Rathenaustraße und einer Etage am Marienplatz.

Bereits in den Jahren ab 1947 wurde die Errichtung eines neuen Justizgebäudes geplant, welches 1953 bezogen werden konnte.

Maßgeblich mitgewirkt bei der Planung und der Realisierung des Neubaus des Landgerichtsgebäudes an seinem heutigen Standort Am Bogen hat Dr. Heinrich Rempe. Er war zunächst seit August 1946 als Direktor des Amtsgerichts tätig, übernahm aber bereits 1947 die Aufgaben des Landgerichtspräsidenten, eines Amtes, das ihm im September 1948 dann auch förmlich übertragen wurde. Später war Heinrich Rempe Landgerichtspräsident in Essen und von 1961 bis zu seiner Pensionierung schließlich noch Präsident des Oberlandesgerichts Hamm.

Besondere Bedeutung für die Justiz in Paderborn hatte neben dem Gerichtsgebäude auch das schon erwähnte Gebäude „Hardehauser Hof“. Dieses erwarb 1843 der preußische Fiskus von der Familie Mallinckrodt. Es diente ab 1846 bis ins Jahr 1949 hinein als Dienstwohnung der Paderborner Gerichtspräsidenten.

Das Gerichtsgebäude Am Bogen erwies sich schon nach wenigen Jahren als zu klein. Bereits in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts gab es Neubau-Überlegungen, die aus Kostengründen ad acta gelegt wurden. Statt dessen wurden für das Amtsgericht zwei Nebenstellen eingerichtet, eine davon im Gebäude „Hardehauser Hof“, die andere in der Grube. Anfang der 2000er Jahre gab es erneut Pläne für den Neubau eines Justizzentrums. Im Frühjahr 2003 wurde endgültig klar, dass dafür keine Mittel bereit gestellt würden. Daraufhin wurde nach Alternativen gesucht und letztlich das bestehende Gebäude durch einen Anbau erweitert. Dieser konnte durch das Landgericht im Juli 2007 bezogen werden. Nach weiteren Umbauten im „Altbau“ bezog auch das Amtsgericht neue Räumlichkeiten und die Nebenstellen konnten zum 21.12.2008 aufgelöst werden.

Mit diesem Anbau konnten die Platzprobleme aber nicht dauerhaft gelöst werden. Deshalb wurde zum 01.12.2022 erneut eine Nebenstelle des Justizzentrums unter der Anschrift "Am Turnplatz 31" eingerichtet, die von einzelnen Abteilungen des Amts- sowie des Landgerichts Paderborn genutzt wird. 

Quellen:
  • Rempe, 150 Jahre Rechtspflege im Paderborner Lande, Festschrift zur Einweihung des neuen Gerichtsgebäudes in Paderborn, 1953
  • Diedam, Hardehauser Hof – Historische Informationen und Geschichte, 2015
  • Auffenberg/Wegener, Bedeutende Juristen des Paderborner Landes, 1993
  • Justizblatt für den Oberlandesgerichtsbezirk Hamm
  • Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen
  • 200 Jahre Recht auf Recht Oberlandesgericht Hamm, das.besondere

Behördenleitungen

Die Behördenleiter/-innen im Überblick:

Präsidenten des Oberlandesgerichts Paderborn
Friedrich Karl von Schlechtendahl 1816 - 1841
Dr. Friedrich Langer 1841 - 1866
Präsidenten des Appellationsgerichts Paderborn
Büchtermann 1866 (März bis Oktober)
Gustav Bernhard Viktor Meyer 1866 - 1879
Präsidenten des Landgerichts Paderborn
Seck 1879 - 1885
Müller 1886 - 1893
Adolph Albrecht Macco 1893 - 1902
Mensing 1902 - 1910
Wessel Walther Nordbeck 1910 - 1923
Dr. Wilhelm Hillenkamp 1923 - 1933
Dr. Wilhelm Biermann 1933 - 1935
Dr. Bernhard Wilhelm Niermann 1935 - 1947
Dr. Heinrich Rempe 1947 - 1957
Heinrich Hohmann 1958 - 1973
Egon Safarovic 1974 - 1990
Christel Meyer-Wentrup 1990 - 2003
Dr. Volker Brüggemann 2003 - 2008
Klemens Thiemann 2008 - 2018
Dr. Michael Haas seit 2019